VIPs in Böblingen. Stars und Sternchen im Hotel Mönig

Eine historische Postkarte zeigt das „Industrie-Hotel Mönig“ zur Frühzeit in den 1960ern, erst mit drei Etagen und ohne diecharakteristischen Balkone und den Außenzugang zum Weinkeller.

Stars und Sternchen gaben sich in Böblingen anno dazumal die Klinke in die Hand. Das Ehepaar Mönig kannte sie alle, gastierte die nationale wie internationale Prominenz doch meist im gleichnamigen Hotel an der Friedrich-List-Straße. Das Stadtarchiv übernahm zum Jahresende die Gästebücher des Hotels, die seit den 1960er Jahren von einem halben Jahrhundert Saus und Braus in Böblingen berichten.
 
Die Gästebücher
Im vergangenen Jahr schlossen sich die Hoteltüren, doch die Erinnerung an die Hotel-Legende lebt weiter in fünf prall gefüllten Gästebüchern. Groß und schwer, in Leder gebunden und mit sichtlich abgegriffenen, goldbedruckten Lettern auf den Einbänden liegen sie da. In ihnen sammeln sich hunderte von Einträgen. Zwar ist so manche Seiten etwas zerfleddert, dennoch sind sie allesamt mühevoll mit Fotos und Zeitungsausschnitten gespickt. Sie zeugen von Glanz und Gloria, von Jubel, Trubel, Heiterkeit, von Eskapaden und der großen Sause im Böblinger Nachtleben. Zwischen 1965 und 2000 trug sich ein, wer Rang und Namen hatte. Mit schwungvoller Hand firmierten sowohl Derrick-Darsteller Horst Tappert und Schauspielerin Uschi Glas als auch Theater- und Filmschauspieler Charles Regnier, der Magier Masafumi Sakoh und der Künstler Dieter Hallervorden. Küsschen gabs von Hildegard Knef, Lob von Musicalstar Shmuel Rodensky.
 
Das Hotel Mönig in Böblingen
Anfang der 1960er Jahre gründeten die Eheleute Mönig das zunächst zweistöckige Hotel. Damals war es noch ein Stockwerk niedriger. Zum Stammhaus gehörte ein Weinkeller. Der Ausbau folgte 1975 mit dem Aufschwung, den der Hotelbetrieb erlebte. Liest man die Gästebucheinträge seit 1965 Blatt für Blatt, kann man den Aufschwung regelrecht miterleben. In den Anfangsjahren des Hotels waren es zunächst vor allem Privatpersonen und Gruppen, die zu Veranstaltungen in der Umgebung anreisten, etwa zu den Deutschen Polizeimeisterschaften in Sindelfingen, Mitglieder des Verbands deutscher Sektkellereien e.V oder Gäste des Badischen Landesschweinezuchtverbandes. Dann kam die Zeit des großen Sports: In Böblingen gastierten in den späten 1960er Jahren Boxer wie Kid Spider oder Radfahrer wie Rolf Wolfshohl, Tischtennisspieler, Rad-Kunstfahrer zu ihren Wettkämpfen und Meisterschaften. Damals mischten sich auch bereits bekannte Gesichter aus der Film- und Fernsehwelt unter die Hotelgäste. Das waren etwa die damalige Miss Germany Sonja Ziemann., die Bamberger Symphoniker, der Musiker Erst Mosch oder die US-Sängerinnen The Willis Sisters. Das Hotel erarbeitete sich in den 1970ern einen Namen, der über Böblingen hinaus als gute Adresse für Musikerinnen und Musiker galt, für Popstars und diejenigen, die es werden wollten, für Schauspielerinnen und Kabarettisten, für Spitzensportlerinnen und andere kulturschaffende Talente. Das Hotel Mönig und sowohl die Sporthalle als auch die Kongresshalle waren gut eingespielte Kombinationen.
 
Die legendären Feiern
In der Weinstube mit ihren charakteristischen Fenstern, Gaststubentischen und im Schummerlicht der Hängelampen traf man auf Marika Rökk, Gunter Philipp oder Harald Leipnitz. Stolz lichtete sich Eugen Mönig mit Schauspieler Götz George, dem markanten Darsteller des Tatort-Kommissaren Schimanski ab, der sich zum x-ten Male in Hotel einquartiert hatte. Eine regelrechte Galerie an gerahmten Fotos der vergangenen Feiern im Hotel versetzte den neu angekommenen Gast in ein Ambiente zwischen nostalgischer Heimeligkeit und familiärer Feierstimmung. Ebenso stolz erzählt Hotelier Mönig noch heute davon, dass man seinerzeit auch deswegen zur geliebten Unterkunft für Stars und Sternchen wurde, da man sich ihren Bedürfnissen und Wünschen anzupassen verstand. Noch spät in der Nacht erhielt die Prominenz ein ordentliches Abendessen, wenn sie erschöpft und müde oder noch ganz im Rausch des Konzertes ihren Weg zurück ins Hotel fand.
 
Klatsch und Tratsch oder ein Stück Zeitgeschichte?
 
In den Gästebüchern findet man sowohl Klatsch und Trasch à la: Stürzte der Schauspieler und Entertainer der Show „Musik ist Trumpf“, Harald Junhnke, 1981 wirklich in Böblingen erneut ab? Die Einträge in den Gästebüchern, die nun im Stadtarchiv für alle Interessierten offenstehen, bedienen vor allem auch das Forschungsinteresse von so mancher Kultureinrichtung. So befasst sich aktuell eine Grazer Doktorarbeit mit der Geschichte der ORF BigBand aus Wien. Was hat diese mit der Böblinger Zeitgeschichte zu tun? Als Tourneeorchester von Peter Alexander trat das Jazz-Orchester in den 1970er Jahren auch mehrfach in der Böblinger Sporthalle auf und prägte damit als eine Band von vielen das kulturelle Leben für Tausende von Böblingerinnen und Böblingern, die die Konzerte besuchten. Wann war das ORF-Orchester tatsächlich in Böblingen? Die ebenso im Stadtarchiv überlieferten Konzertplakate und Sporthallen-Akten berichten von geplanten Auftritten – die Einträge im Gästebuch des Hotels Mönig zeugen am 15. Februar 1975 einen schwungvollen Abend.

Die Gästebücher