60 Jahre Große Kreisstadt Böblingen

Stadtwappen Böblingen

Am Freitag, den 16. Januar 1962 fand man sich um 19 Uhr im Städtischen Feierraum ein. Anlass war die Erhebung Böblingens zur Großen Kreisstadt. Stadtarchivarin Tabea Scheible blickt auf die Feierlichkeit, die sich nun jüngst zum 60. Mal jährte.
 
Der Festakt, der mit Ansprache von Ministerpräsident Kiesinger unter vielen Zuschauer:innen begangen wurde, mündete in einem Abendessen im Hotel „Haus der Heimat“. Oberbürgermeister Brumme verglich die Bedeutung mit jenem Tag im 13. Jahrhundert, als die Pfalzgrafen zu Tübingen dem Sitz ihrer Seitenlinie das Stadtrecht verliehen hatten.
 
Über die Jahrhunderte entwickelte sich Böblingen von der spätmittelalterlichen Amtsstadt bzw. Oberamtsstadt (1759), die als herrschaftlicher Verwaltungsmittelpunkt der Herzöge von Württemberg im gleichnamigen Amtsbezirk Böblingen fungierte, zur industrialisierten Kreisstadt im 20. Jahrhundert. Das natürlich keineswegs gradlinig und keineswegs ohne Reibungen.
 
Was bedeutete nun die Erhebung 1962 zur Großen Kreisstadt für Böblingen? Die Große Kreisstadt Böblingen blieb wie je her kreisangehörig zum Landkreis Böblingen, bekam aber Zuständigkeiten der Unteren Verwaltungsbehörde. Das heißt, dass die Stadt von nun an wesentliche Aufgaben selbst übernahm, die auf der hierarchischen Verwaltungsebene des Landratsamtes liegen. Wolfgang Brumme führte außerdem von nun an die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister.
 
Der eigentliche Verwaltungsakt war bereits einige Wochen zuvor umgesetzt worden. Nach Bekanntmachung des Innenministeriums des Landes Baden-Württemberg wurde Böblingen am 1. Februar 1962 zur Großen Kreisstadt erklärt, wie ebenso Biberach an der Riss, Nürtingen, Waiblingen und das benachbarte Sindelfingen. Der Böblinger Gemeinderat hatte dem Antrag des Verwaltungsausschusses bereits im Mai 1961 einstimmig zugestimmt. Man war gewillt, die Belastungen zu stemmen, die aus dem neuen Rang resultierten. Und auch das Kriterium, mindestens 20.000 Einwohner:innen zu zählen, erfüllte man. Im April 1961 hatten bereits 25.132 Menschen ihren amtlichen Wohnort in Böblingen.
 
Die Erhebung der Stadt zur Großen Kreisstadt sah der frisch gebackene Oberbürgermeister Brumme als Auszeichnung für die geleisteten Entwicklungen auf dem Weg zu einer modernen Stadt. In der Tat wird die Dynamik und die wirtschaftliche Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit deutlich, wenn sie vor dem Hintergrund der Böblinger Verhältnisse eine gute Dekade zuvor betrachtet wird: Im Zweiten Weltkrieg waren etwa vierzig Prozent der Stadt zerstört worden, noch 1950 zählte man erst 12.601 Einwohner:innen. Die Erschließung neuer Baugebiete und der Wiederaufbau von Wohnraum in der Stadt gehörte damals zu den dringlichsten Aufgaben.
 
Ein zeitgenössischer Gedichtauszug in schwäbischer Mundart hielt den Stolz der Bürgerschaft über den neuen Status für die Nachwelt fest:
 
„Schwemmbad, Strassa, Häusla –
Älles hot er [OB Brumme] baut –
Schuala, Gschäft, Fabrikla –
Des hot scho naghaut!!
 
Voller Stolz jetzt zeigt sich
de ganz Bürgerschaft:
„Große Kreisstadt semmer!
Wia hen mir des gschafft!!!“